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Juli 2021

Joe Biden und seiner Administration steht wohl die erste wirklich harte Bewährungsprobe ins Haus.

Dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden und seiner Administration steht wohl die erste wirklich harte Bewährungsprobe ins Haus. Denn am 1. August, also in nicht einmal mehr zwei Wochen, tritt wieder die gesetzliche Schuldengrenze in Kraft. Diese war bekanntlich vom damaligen Präsidenten Donald Trump für zwei Jahre suspendiert worden.

In diesen zwei Jahren ist die Staatsverschuldung Amerikas noch einmal erheblich angewachsen. Aktuell liegt die Schuldengrenze bei 28,5 Bio. USD. Ein Wert, der wahrlich nicht in Stein gemeißelt ist. Denn allein im 20. Jahrhundert wurde die Schuldengrenze insgesamt 90-mal angehoben. Seit der Jahrtausendwende kamen weitere Male hinzu, egal ob der Präsident Demokrat oder Republikaner war.

In der jetzigen Situation gilt: Können sich Demokraten und Republikaner im US-Kongress nicht auf eine erneute Anhebung der Schuldengrenze einigen, kommt es erstmals unter Biden zu einem Shutdown. D. h. unter anderem, dass öffentliche Einrichtungen in der Regel schließen müssen, mögliche Auszahlungen ausfallen etc.

Mit Blick auf die politische Agenda von Joe Biden ein echtes Menetekel. Natürlich sind sich die politischen Lager querbeet einig, dass man das Land modernisieren muss. In zähen Verhandlungen hat man sich ja letztlich auch auf ein Volumen der Infrastruktur-Investitionen geeinigt. Fällt jetzt der Spielraum in der Neuverschuldung durch die Schuldenbremse weg, könnte es eng werden und die Kapitalmärkte wesentlich verschrecken.

Natürlich bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Ränkespiele in Washington letztlich gestalten. Aber schon jetzt ist deutlich, dass auch dies wieder nur eine Episode ist. Denn in den kommenden Jahren werden wir in schöner Regelmäßigkeit vor der gleichen Fragestellung stehen. Nach aktuellen Prognosen wird die Staatsverschuldung in den kommenden fünf Jahren weiter munter anwachsen.

Horrorszenarien wie eine Zahlungsunfähigkeit der USA können wir daraus zwar nicht ableiten.
Denn das will letztlich niemand. Aber es macht die USA angreifbar und die nötigen politischen Entscheidungen könnten regelmäßig auf einen Kuhhandel hinauslaufen, den keiner will. Mal schauen, ob die Demokraten es nach Trump nun besser machen.

Korrektur der Korrektur?

Nachdem es in den vergangenen Wochen nicht gelang, sich nach oben abzusetzen, folgte erst einmal der „Sommerschlussverkauf“. Dem schon schwachen Optionsauslauf vom vergangenen Freitag folgte ein desaströser Montag – vor allem für die Value-Titel. Und damit traf es die in dieser Kategorie übergewichteten europäischen Aktienindizes in besonderem Ausmaß.

Allen voran fielen die Ölaktien, nachdem die OPEC+-Mitglieder am Sonntag völlig unangekündigt sich auf eine Ausweitung der Fördermenge um monatlich 400.000 Barrel ab August geeinigt hatten. Derzeit hat die OPEC rund 6 Mio. Barrel pro Tag an nicht genutzten Förderreserven.

Wie die Grafik zeigt, lagen diese im Mittel bei rund 2,4 Mio. Barrel. Ende 2022 soll die Fördermenge schließlich wieder da liegen, wo sie vor der Pandemie war – 5,8 Mio. Barrel pro Tag höher als heute.

WTI- und Brent-Kurse verschluckten sich daraufhin am Montag regelrecht und landeten am Dienstag im Tief durchschnittlich 10 USD unter ihrem Höchststand der vergangenen Wochen. Die Angst vor weiteren Bremsspuren in der Weltkonjunktur wegen der explosionsartigen Ausbreitung der Delta-Variante hätte infolgedessen ein Überangebot an Öl bedeutet, was auch
die am Mittwoch veröffentlichten US-Rohöllagerbestände vermuten ließen.

Die Bestände erhöhten sich um 2,108 Mio. Barrel, während Analysten einen Rückgang von -4,466 Mio. Barrel (Vormonat -7,897 Mio. Barrel) erwartet hatten. Die neue Vereinbarung der
OPEC zeigt jedenfalls, dass der Bestand der Koalition und damit die Kontrolle der Ölmärkte durch die Gruppe weiterhin gewährleistet ist. Eine unkontrollierte Überproduktion steht daher nicht in den Sternen.

Der Absturz des Ölpreises hatte sich in den vergangenen Stunden mit Kursen von 70 USD für die Sorte WTI und 72 USD für die Sorte Brent ein Stück weit normalisiert. Und auch die Aktienindizes konnten einen wesentlichen Teil der Wochenverluste wieder wettmachen. Fragt sich nur, ob es sich um eine Gegenbewegung in der Korrektur handelt oder nicht. Die Antwort liegt zumindest teilweise im weiteren Verlauf der Berichtssaison, die uns noch den ganzen August begleiten wird.

Unisono gab es in diesen Tagen gute Zahlen, die aber nicht immer den Erwartungen der Anleger gerecht wurden. Enttäuscht reagierten Investoren beispielsweise auf die Zahlen zum Kundenwachstum bei Netflix. Die Online-Videothek leidet nicht nur an einer Übersättigung in ihren Hauptmärkten, sondern auch an zunehmendem Wettbewerb in wachstumsstarken Regionen.

Der Chipkonzern Texas Instruments lag mit seiner Umsatzprognose ebenfalls unter den Vorstellungen der Investoren. Das US-Unternehmen geht nach eigenen Angaben für das dritte Quartal von Erlösen zwischen 4,40 und 4,76 Mrd. USD aus. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz binnen Jahresfrist um 41% auf 4,58 Mrd. USD. Der Nettogewinn erhöhte sich um 40% auf 1,93 Mrd. USD. Die TI-Aktie gab nachbörslich zunächst 3,5% nach. Der Konzern gilt als Branchenbarometer, weil der Konzern Chips für eine Vielzahl von Produkten herstellt.

Anders schon am Montag bei IBM: Dank starker Nachfrage nach Cloud-Software und IT-Services konnte man ein deutliches Umsatzplus im zweiten Quartal verbuchen. In den drei Monaten bis Ende Juni stiegen die Erlöse gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,4% auf 18,7 Mrd. USD. Erwartet wurde ein Umsatz von 18,29 Mrd. USD. Damit schaffte der Konzern das stärkste Wachstum seit rund drei Jahren und übertraf die Markterwartungen. Trotz der Geschäftszuwächse sank der Quartalsgewinn aber um 2,6% auf 1,3 Mrd. USD. Analysten hatten jedoch mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. IBM tat sich im Hardware-Kerngeschäft mit Servern und Großrechnern zwar abermals schwer, dafür florierten die neueren Bereiche wie Cloud-Services, Analysedienste und künstliche Intelligenz.

In derselben Art und Weise wurde auch unser Portfoliomitglied SAP dafür bestraft, die Umsatzund Gewinnerwartung hochgesetzt zu haben. Der Konzern bleibt optimistisch, da der Umstieg der Kunden in die Cloud weiterhin schnell voranschreitet. „Wir hatten ein weiteres fantastisches Quartal“, sagte Firmenchef Christian Klein am Mittwoch zu Journalisten. Man hob deshalb den Ausblick für das Gesamtjahr bereits zum zweiten Mal an.

SAP rechnet nun mit einem Betriebsergebnis zwischen 7,95 und 8,25 Mrd. EUR (2020: 8,28 Mrd. EUR). Auch für die Cloud-/Softwaresparte erwartet SAP nun 23,6 bis 24,0 Mrd. EUR (zuvor 23,4 bis 23,8 Mrd. EUR). Allgemein rechnet man durch ein Abklingen der Pandemie mit einer weiter verbesserten globalen Nachfrage nach SAP-Produkten im zweiten Halbjahr. Der Firmenchef betonte, dass das Unternehmen sich langfristig in einen reinen Cloud-Anbieter wandeln werde. Die Umsätze würden sich immer weiter in die Cloud-Anwendungen verlagern; Das Programm „SAP Rise“ solle die Umstellung der Kunden von Lizenzprodukten auf gemietete Anwendungen im Web vorantreiben. Die SAP hat eine Dividende von 1,85 EUR je Aktie für das Geschäftsjahr 2020 ausgezahlt. Dies entspricht einer Erhöhung um 0,27 EUR oder 17% im Vergleich zum Vorjahr. Die aktuellen Kurse sind für uns eher Kaufkurse. Die Aktie war ja schließlich vor Corona schon über der Marke von 140 Euro.

Quasi als Barometer für den konjunkturellen Verlauf des zweiten Halbjahres kann man die Exportzahlen Taiwans heranziehen. Und die verlangsamten sich im Juni auf 31,1% y/y von 34,5% y/y, übertrafen aber die Erwartungen eines stärkeren Rückgangs auf 30,0% y/y. Damit steigen die Exportaufträge in der ersten Jahreshälfte auf einen Rekordwert von 309,9 Mrd. USD, was einem Anstieg von 39,2% y/y entspricht.

Alle wichtigen Produktkategorien mit Ausnahme von Textilien, Informations- und Kommunikationsprodukten sowie Transportausrüstung verzeichneten im Juni einen Rückgang. Auch die Nachfrage nach taiwanesischen Exportaufträgen hat sich nach einer starken Verlangsamung im Mai in den wichtigsten regionalen Märkten verlangsamt, blieb aber im Jahresvergleich relativ stark. Die wichtigste Ausnahme von diesem Trend ist die Nachfrage aus Japan, die eine deutlichere Abschwächung erfuhr. Das könnte sich in den kommenden Monaten wieder ändern, zumal die die japanische Binnenkonjunktur vor einem Aufschwung steht.

Die Dynamik der taiwanesischen Exportaufträge wird sich in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlich abschwächen. Die globale Nachfrage nach Gütern fürs „Home Office“, die die Expansion der taiwanesischen Exportaufträge im zweiten Halbjahr 2020 beflügelt hat, wird sich normalisieren, wenn sich die Wirtschaft wieder öffnet. Auch Basiseffekte werden zu dieser Verlangsamung beitragen: Die Exportaufträge boomten in H2 2020 und stiegen um 18,8% im Jahresvergleich, nachdem sie in H1 2020 leicht rückläufig waren.

In der Zwischenzeit wird ein globaler Lagerauffüllungszyklus einen Teil der Abschwächung bei den Exportaufträgen ausgleichen. Die Verlangsamung der taiwanesischen Exportaufträge bestätigt letztlich das Signal des globalen PMI für das verarbeitende Gewerbe, das darauf hindeutet, dass der globale Produktionszyklus zwar seinen Höhepunkt erreicht hat, das Wachstum aber auf hohem Niveau bleiben wird.

Der brasilianische Bergbaukonzern Vale teilte am 19. Juli mit, dass er im 2. Quartal „ein weiteres Quartal des Produktionswachstums bei Eisenerz“ abgeschlossen und eine aktuelle jährliche Kapazitätsrate von 330 Mio. mt/Jahr erreicht hat. Das Unternehmen hat seinen Weg zur Produktionserholung fortgesetzt, nachdem die Produktion nach dem tödlichen Brumadinho-Abraumdamm-Unglück im Januar 2019 gedrosselt worden war.

Das Unternehmen hielt seine Eisenerzproduktionsprognose für 2021 bei 315 Mio. bis 335 Mio. mt stabil. Dies steht im Vergleich zu einer Produktion von etwa 300 Mio. mt im Jahr 2020. Ende 2021 sollte die Auslastung der Produktionskapazität auf 350 Mio. mt/Jahr steigen und Ende 2022 400 Mio. mt/Jahr erreichen, sagte das Unternehmen im April.

Allerdings lag die Produktion im 2.Quartal 3% unter den Konsenserwartungen der Analysten. Wir gehen davon aus, dass Eisenerz zwar seinen höchsten Kurs gesehen hat, die Aktie womöglich aber nicht. Sie ist noch meilenweit von den Höchstkursen der Jahre 2007 und 2010 entfernt.

Konkurrent BHP legte für das 1. Halbjahr ebenfalls gute Zahlen vor. Der Umsatz konnte um 20,7% auf 24,9 Mrd. USD gesteigert werden, der Gewinn pro Aktie wuchs 95% auf 1,19 USD. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) stieg um 25% auf 11,3 Mrd. USD. Neben Kostensparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen profitierte BHP mit seinem breiten
Rohstoffportfolio von den Preisschüben. Das EBITDA stieg um 21% auf 14,7 Mrd. USD.

Diese positive Entwicklung untermauert auch die EBITDA-Marge, die um 3 Prozentpunkte auf 59% verbessert wurde. Nach wie vor möchte BHP die Investitionsaktivitäten für Nachhaltigkeit und eine saubere Umwelt intensivieren. Neben regionalen Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten möchte BHP bis 2030 die CO2-Emission um 30% reduzieren. Auch bei dieser Aktie sind die historischen Höchstkurse noch nicht erreicht.

Bei den Financials stach in diesen Tagen die UBS heraus. Dank anziehender Erträge steigerte die Schweizer Großbank den Gewinn im zweiten Quartal um 63% auf 2,0 Mrd. USD, wie das Institut mitteilte. Analysten hatten gemäß einer Umfrage der Bank mit einem Überschuss von 1,34 Mrd. USD gerechnet. Rund lief es vor allem im Kerngeschäft mit reichen Privatkunden. Im Heimatmarkt wirkte sich zudem die Auflösung von Wertberichtigungen für Kreditrisiken positiv aus. Wir bleiben dabei, dass Financials – gerade in Europa – noch weiteres Potenzial haben.

Im ESG-Portfolio verkaufen wir heute Generali, nachdem der CEO Philippe Donnet, der das Unternehmen im nächsten Frühjahr verlässt, mit einigen Großaktionären in Konflikt geraten ist. Die Aktionäre, die 16% der Generali-Stimmrechte repräsentieren, wollen verhindern, dass Donnet noch in diesem Jahr einen neuen Businessplan für 2022-2024 vorlegt.

Wir nehmen dafür einen „Langweiler“ der Softwarebranche auf: Microsoft. Der Technologieriese entwickelt und unterstützt eine Reihe von Softwareprodukten, Dienstleistungen,
Geräten und Lösungen. Es produziert und verkauft auch Personal Computer (PCs), Tablets, Spiel- und Unterhaltungskonsolen, andere intelligente Geräte und zugehöriges Zubehör. Es
bietet eine Reihe von Dienstleistungen an, einschließlich Cloud-basierter Lösungen, die Kunden mit Software, Diensten, Plattformen und Inhalten versorgen. Und er ist in vielen Software-Lösungen Marktführer.

Offenbar verhandelt Microsoft z.Zt. mit Telangana, einem indischen Bundesstaat mit Hauptstadt Hyderabad, über die Einrichtung eines Rechenzentrums mit einem Umfang von ca. 2 – 2,25 Mrd. USD. Sollte es dazu kommen, wäre dies eine der größten Investitionen von Microsoft außerhalb der USA.

In Europa herrscht derzeit Bonanza.

Das gilt vor allem für den Private-Equity-Bereich. Wie neue Zahlen zeigen, ist die Branche in Europa auf bestem Weg, einen neuen Allzeit-Rekord aufzustellen.

Konkret wurden in der ersten Jahreshälfte bereits Deals angekündigt im Gesamtvolumen von
fast 156 Mrd. USD.
Die Anzahl der Transaktionen wurde ebenfalls massiv erhöht von zuvor 991 auf 1.595. Damit stellt das erste Halbjahr 2021 fast schon das gesamte Rekordjahr 2020 in den Schatten.

Wobei man sicherlich auch sagen muss: Bereits im zweiten Halbjahr 2020 hatte sich dieser Kaufrausch angekündigt. Unterstützt, ja geradezu angeheizt wird diese Entwicklung dabei von zwei wesentlichen Aspekten:

Zum einen sitzen die PrivateEquity-Investoren nach wie vor auf vollen Kassen. Diese werden immer noch gespeist durch die massive Liquiditätzufuhr in den Markt durch die Notenbanken wie auch die neu hinzugekommenen billionenschweren Konjunkturprogramme.

Auf der anderen Seite schafft die Corona-Pandemie neue Opportunitäten. Nicht wenige Firmen sind so massiv angeschlagen worden durch die Krise, dass sie entweder sich selbst oder wesentliche Teile zum Verkauf stellten und stellen. Andererseits haben Unternehmen aus der Krise die Konsequenz gezogen, ihre eigenen Wachstumsstrategien auf den Prüfstand zu stellen bzw. schon zu ändern. Auch das bedeutet letzten Endes, dass es mehr Material auf dem Übernahme-Markt gibt.

Dabei zeigt sich, dass die weiteren Tendenzen wohl verstärkt im Bereich grüne Technologien stattfinden werden. Etliche Finanzinvestoren haben neue „grüne“ Fonds aufgelegt und finden damit bei institutionellen Investoren starke Nachfrage, da diese in ihren Anlagestrategien immer stärker ökologische Themen mit einbinden wie auch das ganze Themenfeld ESG.

Doch gibt es natürlich auch noch andere Bereiche, die wohl zukünftig stärker in den Fokus rücken werden. Dabei ist vor allem der Immobiliensektor zu nennen. Denn über die unternehmerischen Konsolidierungsschritte (Stichwort Übernahme Deutsche Wohnen durch Vonovia) hinaus wollen auch Private-Equity-Anleger hier stärker mitspielen. Exemplarisch dafür KKR, die gerade für 2,2 Mrd. USD einen neuen Immobilienfonds aufgelegt haben.

Nachrichtenlage rüttelt die Aktienmärkte erneut durch

Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Mai den zweiten Monat in Folge geschrumpft. Obwohl sie die Markterwartungen von 0,5% unterschritten hat, sind diese Ergebnisse angesichts des Erholungstempos der letzten Monate eher weniger überraschend. Dieser laue Ausblick für die deutsche Industrieproduktion deckt sich mit unserer Einschätzung, die für die kommenden Sommermonate einen Höhepunkt des globalen Wachstums und eine Wachstumsflaute in Europa erwartet.

Aus der Anlageperspektive schafft diese Dynamik kurzfristig ein ungünstiges Umfeld für zyklische europäische Aktien insgesamt und damit die Rechtfertigung für die aktuellen Turbulenzen. Im Kern sind es Probleme der Lieferketten, die auf die Unternehmenserlöse des zweiten Halbjahrs drücken, allen voran in der Autobranche. Den DAX kostete das bislang gute 3%.

Wie kürzlich von den US-Aktienstrategen von BCA Research hervorgehoben wurde, haben wir eine mittel- bis kurzfristige Rotation aus zyklischen Sektoren, insbesondere aus der Grundstoffindustrie, in Wachstumssektoren wie die Informationstechnologie gesehen.
Dies geschah auch im Einklang mit einem stetigen Rückgang der Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen seit Beginn des zweiten Quartals 2021. Zykliker (Value) verloren, die „Qualitätstitel“, die eher in der „Growth“-Ecke zu verorten sind, legten nach einem schlechten ersten Quartal wieder zu. Interessant auch der Aspekt der Marktkapitalisierung: Hier gab es auch bei den großen Titeln am Ende keinen Gewinn.

Angesichts des Booms nach der Corona-Krise ist in der US-Notenbank Fed eine Debatte über ein künftiges Herunterfahren der Konjunkturhilfen in Gang gekommen. Die Währungshüter halten es im Sinne „einer umsichtigen Planung“ für wichtig, sich dafür gut zu positionieren, wie aus den Protokollen der Zinssitzung vom Juni hervorgeht. Dies gelte beispielsweise für den Fall, dass sich die Fed den Zielen des Programms schneller nähern sollte als gedacht.

Die US-Notenbank unterstützt die von der Corona-Krise getroffene Wirtschaft mit dem Ankauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren (MBS) in Höhe von monatlich 120 Mrd. USD. Sie will daran so lange festhalten, bis substanzielle Fortschritte bei der Preisstabilität und der Arbeitslosigkeit erreicht sind.

Auch die geplatzten Verhandlungen der großen Öl-Exportstaaten über die künftige Förderpolitik und wie es mit dem Ölpreis weitergehen wird, sorgten am Ende für Kursverluste bei den Ölaktien. Sollte die „Opec+“, zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, an ihren bisherigen Quoten festhalten, müsste aber eigentlich mit einer Verschärfung des Angebotsengpasses und steigenden Preisen gerechnet werden. Offensichtlich geht der Markt im Augenblick von einer Aufgabe der gesamten Vereinbarung aus dem letzten Jahr aus.

Dann würde jeder Staat so viel Öl auf den Markt werfen, wie er möchte. Nach dem Preisrutsch vom Dienstag verteuerte sich die US-Sorte WTI zunächst auf 74,86 USD je Barrel (159 Liter). Bis heute rutschte der Preis weiter auf 71,5 USD ab. Nun muss man im Hinblick auf die Aktien des Energiesektors allerdings konstatieren, dass diese den Ölpreisanstieg schon seit dem letzten Sommer nur unterproportional mitmachten, obwohl die Korrelation im Abwärtstrend relativ ausgeprägt war.

Anders bei Kupfer. Hier hatten die Branchenvertreter weitestgehend den Aufwärtstrend des Metalls abgebildet. Wie schon in der letzten Ausgabe erwähnt, müssen Sie hier am Ball bleiben und die Entwicklung der Rohstoffpreise genauestens verfolgen. Eine schnelle Stabilisierung – gerade beim Öl – wäre ein positives Zeichen.

Für die in den USA notierten Aktien chinesischer Firmen (vgl. letzte Ausgabe) ging es dagegen erneut abwärts. Ausgangspunkt war das IPO des chinesischen Uber-Rivalen Didi. In dessen Nachgang hatte die Regierung in Peking wegen angeblich illegal gesammelter Nutzerdaten die App des Fahrdienst-Vermittlers für den neuen Download gesperrt. Die chinesischen Aufsichtsbehörden haben damit ihre Autorität gegenüber der einheimischen Ride-Hailing-Erfolgsgeschichte (Ticker: DIDI) geltend gemacht – wenige Tage, nachdem das Unternehmen bei einem Börsengang mit American Depository Receipts (ADRs) 4,4 Mrd. USD eingenommen hatte.

Die Aktie verlor 20 bis 25% ihres Wertes im Handel am Dienstagmorgen in New York, während die Investoren die Nachricht verdauten. Zwei andere App-basierte chinesische Unternehmen, die im Juni ADRs notierten, Full Truck Alliance (Börsenkürzel: YMM) und Kanzhun (Börsenkürzel: BZ), stehen ebenfalls vor einer Überprüfung der Cybersicherheit und erlitten zweistellige Rückgänge in der Aktion am Dienstagmorgen.

Die neuen Regeln zielen besonders auf „Datensicherheit, grenzüberschreitenden Datenfluss und die Verwaltung vertraulicher Informationen“, wie am Mittwoch aus einem Dokument des Staatsrates in Peking hervorging. Hintergrund ist unter anderem die Sorge der Regierung, dass im Ausland gehandelte chinesische Unternehmen von den dortigen Behörden gezwungen werden könnten, ihre wachsenden Datenmengen zur Verfügung zu stellen. Die neuen Vorschriften sollen die Vertraulichkeit und die Verantwortung für die Sicherheit von Informationen für im Ausland gehandelte Unternehmen besser regeln, heißt es in dem Dokument.

Der Vorfall unterstreicht, dass das harte Vorgehen der chinesischen Behörden gegen inländische Unternehmen der New Economy nicht neu ist und eindeutig noch nicht vorbei ist. US-Investoren werden die Risiken des Besitzes von ADRs in einer Zeit abwägen müssen, in der die
Spannungen zwischen Peking und Washington wieder zunehmen. Alle globalen Investoren müssen ihrerseits die Verlockungen des riesigen chinesischen Marktes mit dem latenten Risiko
abschätzen, dass die Behörden die Unternehmensaussichten mit einem Federstrich durch die Auferlegung von Regulierungsauflagen wesentlich verändern können.

Wir glauben aber nicht an russische Verhältnisse, wo die politische Situation der Grund für die niedrige Bewertung des heimischen Aktienmarkts ist. Außerdem brummten die Behörden Didi und anderen Unternehmen wie dem Amazon-Konkurrenten Alibaba Strafen auf, weil sie Übernahmepläne nicht zur Genehmigung vorgelegt hätten.

Eine Reihe von Frühindikatoren hinsichtlich der Veränderungsrate von Geldmenge und Kreditnachfrage deuten auf eine weitere Abschwächung des chinesischen Wachstums hin. Hier könnte die Notenbank kurzfristig eingreifen. Aber nicht nur das: Es zeigt sich auch, dass die Summe fiskalischer Ausgaben sich immer weniger positiv verändert. Damit könnte auch der erwartete Anstieg in den Ausgaben für Infrastruktur-Investitionen ausfallen.

Zurück nach Europa: Die Europäische Kommission geht in der Eurozone von einem Wachstum von 4,8% in diesem Jahr aus. Im Vergleich zu früheren Prognosen erhöhte sich die Erwartung damit um 0,6 Prozentpunkte für die EU und 0,5 Prozentpunkte für die Eurozone. Im kommenden Jahr wird ein Wachstum von 4,5% für beide prognostiziert. Für Deutschland kommt es laut der Einschätzung dieses Jahr zu einem Wachstum der Wirtschaftsleistung (BIP) von 3,6% und 2022 zu 4,7% Steigerung. Die Wirtschaft werde so schnell wie seit Jahrzehnten nicht mehr wachsen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Dies wird unter anderem auf die voranschreitenden Impfungen sowie eine effektive Corona Eindämmungsstrategie zurückgeführt, die eine Wiederöffnung der Wirtschaft erlaubt hätten. Die stärksten Wachstumsraten werden dem Bericht zufolge in diesem Jahr in Rumänien (7,4%) und Irland (7,2%) erwartet. Kommendes Jahr sind die Prognosen vor allem für Spanien (6,3%) und Griechenland (6,0%) günstig. Die Wirtschaftsleistung der Tourismusländer war aber auch im Krisenjahr 2020 mit minus 10,8% in Spanien und minus 8,2% in Griechenland im EU-Vergleich überdurchschnittlich stark geschrumpft.

Risiken durch die neuen Virusvarianten unterstreichen die Bedeutung, die Impfkampagnen weiter zu beschleunigen, hieß es. Der private Konsum und private Investitionen seien Haupttreiber des Wachstums, unterstützt durch mehr Beschäftigung dank der voraussichtlichen wirtschaftlichen Erholung. EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis bezeichnete die Prognose als ermutigend und führte die optimistische Vorhersage auch auf richtige politische Entscheidungen zur richtigen Zeit zurück.

In dem Bericht wird zudem eine Inflation von 2,2% erwartet, was 0,3 Prozentpunkte mehr als in der vergangenen Prognose waren. Nächstes Jahr könnte die Teuerungsrate mit 1,6% deutlich niedriger ausfallen. Die Europäische Zentralbank (EZB) peilt beim Ziel der Preisstabilität eine Inflationsrate von mittelfristig knapp 2% an. So sollen stabile Preise gewährleistet werden. Für Deutschland wird von 2,8% Inflation in diesem und 1,6% im kommenden Jahr ausgegangen.

Für das laufende Jahr halten wir weiterhin an einer risikofreudigen Sektor- und Stilallokation mit einer Neigung zu Finanzwerten, zyklischen Werten und Value auf Kosten von defensiven und wachstumsstarken Werten fest, auch wenn es in den vergangenen Wochen eher frustrierend war, diese Papiere im Depot zu haben. Die derzeitige Renaissance der defensiven Werte dürfte lediglich taktischer Natur sein und geht im Kontext mit wieder fallenden Anleiherenditen einher. Diese bessere Positionierung bei defensiven Werten, insbesondere bei Gütern des täglichen Bedarfs (Staples), Immobilien, Healthcare und Tech dürfte jedoch nicht mehr lange anhalten. Sobald die anhaltende Erholung der Konjunktur sich wieder beschleunigt, dürfte es auch zu einem erneuten Anstieg der Renditen kommen.

Für Banken sind steigende Renditen und die Versteilerung der Zinskurve ein wichtiger Ertragsfaktor. Sie sehen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 0,7 immer noch sehr günstig aus, ihre Bilanzen sind dieses Mal widerstandsfähig, es besteht kein Verwässerungsgefahr durch Kapitalerhöhungen, die Dividenden könnten wieder eingeführt werden und die Gewinne steigen. Europäische Banken haben außerdem die höchste positive Korrelation zu Veränderungen im Einkaufsmanagerindex (PMI).

Der Handel mit Konsumgütern wird wieder anziehen, nachdem er seit März ins Stocken geraten ist. In Bezug auf die Sektorausrichtung sollte der Handel u.a. Luft- und Raumfahrt, Fluggesellschaften, Hotels, Restaurants und Freizeit, Getränke, Transportinfrastruktur und Multilinien-Einzelhandel bevorzugen. Bei den Rohstofftiteln gab es im 2. Quartal mehrheitlich Verluste, sodass sich nun langsam neue Kaufgelegenheiten auftun.

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